Loslassen für Führungskräfte (und Lehrer/innen)

Markus Jotzo:
Loslassen für Führungskräfte. Meine Mitarbeiter schaffen das.

Loslassen für FührungskräfteWas ist die Aufgabe einer Führungskraft?

Markus Jotzo analysiert eine Falle, in die Führungskräfte gerne tappen: Aufgaben von Mitarbeitern zu übernehmen bzw. Probleme zu lösen, die den Mitarbeitern bestimmt sind.

Der Fokus des Buches liegt zwar auf ‚Loslassen‘, doch dabei muss Markus Jotzo alle Aspekte einer der Hauptaufgaben von Führungskräften abschreiten, die Mitarbeiterführung: Mitarbeiter entwickeln, Aufgaben delegieren, Besprechungen organisieren, hilfreich kommunizieren, Sinn geben, Vertrauen aufbauen und geben, seine eigene Führungspersönlichkeit weiterentwickeln.

I Noch eine Minute zu spielen – Die spürbaren Probleme

Zeitdruck„Der Zeitdruck im Job ist hoch“, „Selbst das Tagesgeschäft geht sich im Büro nicht mehr aus“, … =>

  1. Raus aus dem Tagesgeschäft
  2. Den Ball den Mitarbeitern zuspielen
  3. Die eigene Kernaufgabe in Angriff nehmen

„Die Mitarbeiter liefern unvollständige und/oder fehlerhafte Ergebnisse“, „Die Spirale dreht sich abwärts“, „Am Ende muss ich doch selber drüberarbeiten.“, … =>

  1. Jeder Mitarbeiter kann wachsen
  2. Mitarbeitern echte Herausforderungen geben
  3. Mitarbeiter die notwendige Unterstützung geben

„Es ändert sich nichts.“, … =>

  1. Erkennen, dass ‚die Säge stumpf‘ ist
  2. Aufhören zu sägen und die Säge schärfen
  3. DIe Säge frühzeitig warten

Delegieren-Fail II Freiwurf! – Effektivität und Effizienz erhöhen

Der Überblick ist verloren gegangen“, „Die Mitarbeiter reagieren anstatt zu agieren“, „Die Mitarbeiter werden ‚getrieben‘ anstatt Dinge voranzutreiben“, … =>

  1. Ziele sichtbar machen
  2. Planung verbessern bzw. Planungshilfe geben
  3. Mitarbeiter zum Nein-Sagen erziehen
  4. Erfolge feiern

„Für die Mitarbeiter und deren Anliegen habe ich keine Zeit“, … =>

  1. Aufhören, unwichtige Dinge zu tun
  2. Verantwortung delegieren
  3. Den Job als Führungskraft ernst nehmen

„Besprechungen rauben mir die Zeit“, „Notwendige Information zwischen Abteilungen und Mitarbeitern fließt nicht“, … =>

  1. Meetings verschlanken
  2. Alternative Kommunikations-Kanäle intensivieren
  3. Den Informationsfluss in Schwung bringen

III Abgeben! – Alle Mitarbeiter einbinden und zu einem Team werden lassen

teamwork„Die Mitarbeiter bremsen“, „Sie bringen sich nicht ein und arbeiten nur nach Vorgabe“, „Jeder will mir zeigen, dass er besser ist als die anderen“, … =>

  1. Aufgaben im Dialog verteilen
  2. Die Relevanz von Teilaufgaben verdeutlichen
  3. Eine Kultur des Hinterfragens etablieren
  4. Den Sinn des ganzen Unternehmens greifbar machen

„Manche Aufgaben sind einfach nicht zu delegieren“, Meine „Mitarbeiter beschäftigen sich mit anderen Aufgaben als den übertragenen“, „Für manche notwendigen Aufgaben habe ich keine geeigneten Mitarbeiter“, … =>

  1. Verborgene Schätze heben
  2. Lücken mit vorhandenen Mitarbeitern schließen
  3. Bei Neubesetzungen auf Potenziale und Persönlichkeit achten

„Die Arbeitsergebnisse sind nicht so, wie ich mir das erwartet.“, „Schlussendlich muss ich doch wieder Hand anlegen“, „Meine Mitarbeiter möchten besser sein als ich bzw. wollen meinen Posten.“, … =>

  1. Sich vom Perfektionismus lösen
  2. Aufhören, die Feuerwehr zu spielen
  3. Den Erfolg des Teams teilen
  4. Schlechte Ergebnisse vermeiden

IV Tor! – Wachsen und entwickeln  lassen

watering flowers„Ich muss Arbeit nach Hause/in den Urlaub mitnehmen.“, „Ich muss noch einmal nachschauen, ob alles passt.“, „Ich bin für alles verantworlich, daher muss ich auch alles kontrollieren.“, „Es darf kein Fehler passieren.“, … =>

  1. Mitarbeitern das Vertrauenschenken
  2. Macht an Mitarbeiter abgeben
  3. Ein offenes Fehlerklima schaffen

„Meine Mitarbeiter sind mit ihren Positionen unzufrieden.“, „Ich möchte nicht einen Mitarbeiter aufbauen, nur damit er dann in eine andere Abteilung wechselt.“, „Nicht alles darf ich aus der Hand geben, sonst bin ich am Ende nutzlos.“, … =>

  1. In Mitarbeitern den Wunsch nach persönlichem Wachstum entfachen
  2. Zulassen, dass Mitarbeiter wachsen
  3. Sich selbst ersetzbar machen

„Von meinen Mitarbeitern kommen keine Ideen.“, „Ich löse das Problem schneller und besser.“, „Das hätte jeder Mitarbeiter so geschafft.“, … =>

  1. Eine erwartungsvolle Grundhaltung einnehmen
  2. Mitarbeitern ihre Lösung umsetzen lassen
  3. Anerkennung geben

Zusammenfassung Inhalt und Aufbau

Das Thema „Loslassen für Führungskräft“ ist mit vielen Fallbeispielen, Dialogen und Beispielen erklärt und vermittelt nicht den Eindruck,’nur‘ ein schlauer Ratgeber zu sein, sondern geht darüber hinaus, liefert einen fokusierten Blick von Oben auf das ganze Thema: gute Mitarbeiterführung und -entwicklung wird als Hauptthema für ‚Loslassen lernen‘ sehr umfassend und klar beschrieben. Ich denke, das Buch eignet sich wirklich, sein eigenes Handeln als Führungskraft kritisch zu hinterfragen und gibt hilfreiche Anregungen für (persönliche) Veränderung.
Handball TorschussDer rote Faden „Noch eine Minute zu spielen – Freiwurf – Abgeben – Tor“ ist vom Epilog abgeleitet, in dem eine Sequenz aus einem Handballspiel erzählt wird.
Das Buch ist klar strukturiert: in vier Bereiche mit je drei Kapiteln, wobei jedes Kapitel von einem Fallbeispiel eingeleitet wird und mit einer Zusammenfassung (Kompakt) endet. Denkanstöße, Checklisten, To Do’s und Handlungsanweisungen sind in grauen Kästen übersichtlich herausgehoben.

Loslassen für Lehrer/innen

Ich bin Lehrer und sehe meinen Job als „Führungskraft für eine Gruppe von Menschen, die hier sind, um sich zu entwickeln, um zu lernen.„. Dieser Ansatz hat mich auch bewogen, „Loslassen für Führungskräfte“ zu lesen.
loslassenIm Umgang mit jungen Menschen spitzen sich die hier beschriebenen Probleme nochmals zu, da der Unterschied in der geistigen und persönlichen Entwicklung zwischen Führungsperson (Lehrer/innen) und Gruppenmitgliedern (Schüler/innen) typischerweise größer ist als dies in Unternehmen ist.
Letztendlich sind die angeführten Schwierigkeiten und Hindernisse jedoch die gleichen, die ich in meinem Beruf vorfinde: zum Beispiel die Aussage „Ich habe zu wenig Zeit, um mich um die Anliegen meiner Mitarbeiter (Schüler/innen) zu kümmern“, die Jotzo als einer der Hauptklagen von Führungskräften anführt, klingt laut und in verschiedenen Facetten durch das Konferenzzimmer. Das dafür notwendige Freischaufeln für die Kernaufgaben und das Justieren der seiner Sichtweise auf seinen eigenen Job, das jeder für sich selbst machen muss, wird in dem Buch gut herausgearbeitet – und ist für die Lehrer/innen-Tätigkeit immens wichtig.
are-you-too-busy-to-improveIn diesem Buch können viele Anregungen für das Schärfen der eigenen Fähigkeiten als Lehrer/in gefunden werden. Vor allem jene Kolleg/inn/en, die sich ihrer Führungsaufgabe im Klassenzimmer bewusst sind, werden Interesse daran haben.
Lehrer/innen, die ihre Kernaufgabe im Vortrag und der Wissenpräsentation sehen, können damit möglicherweise gar nichts anfangen.

Was nehme ich mir mit?

Ich bin alle Punkte bewusst durchgegangen, von I-1. „Raus aus dem Tagesgeschäft“ bis IV-3. „Anerkennung geben“: Jeder einzelne Punkt ist es wert, reflektiert und im Sinne der Metapher „geschärft“ zu werden.

Ich-kann-mich-fallen-lassenBei einigen Punkte reicht ein Loslassen gar nicht mehr aus, sie verlangen durchaus ein mutiges Fallenlassen und rütteln heftig am Selbstbild (z.B. „Aufgaben im Dialog verteilen“, „Macht an Mitarbeiter abgeben“, „Sich vom Perfektionismus lösen“, …) – jedenfalls sind die Themen es wert, in Betracht gezogen zu werden.

Andere Themen sollten im Schulalltag selbstverständlich sein (z.B. „Ziele sichtbar machen“, „Anerkennung geben“, „Zulassen, dass Mitarbeiter wachsen“, …), aber möglicherweise trotzdem nicht in jeder Klasse zu finden.

Jedenfalls werde ich dieses Buch in diesem Schuljahr nochmals parallel zu meiner Arbeit durchgehen … und freue mich schon darauf.

Loslassen ist schwer,
Losgelassen zu haben ist schön :-),

Thomas