Der Fänger im Roggen

Jerome D. Salinger: der fänger im roggender fänger im roggen

Mir war nicht klar, worum es in diesem verdammten Roman gehen könnte bzw. wozu ich dieses Buch überhaupt lesen sollte und so. Meine alten Lehrer hatten es nie für mich vorgesehen, es scherte sie offensichtlich nicht. Für die waren solche antiquierten, nichtsnutzen Bücher wie „Faust“ und „Nathan der Weise“ wichtiger. Die haben mir ja sicherlich geholfen, wenigstens ein wenig Bildung zu schnuppern – gerade genug, um nicht wie ein verdammter Idiot dazustehen, wenn das verlogene Bildungsspiel losgehen sollte: dieses affektierte Getue mit den blöden Zitaten. Wer fand wann und wo „des Pudels Kern“ und „Ach wie gut dass niemand weiß …“ und so.

Aber jetzt hat er mich doch erwischt, „der fänger im roggen“, der ja in Wirklichkeit gar kein „fänger im roggen“, sondern ein „begegner im roggen“, ist.

der fänger im roggen

Aber das weiß ich erst, seit ich das Buch eben gelesen habe: Holden Caulfield erzählt darin, was er in den drei deprimierendsten Tagen seines siebzehnjährigen Lebens gemacht hat, nachdem er knapp vor Weihnachten wegen schlechter Leistungen aus der verdammten Schule in Pencey geflogen ist und sich vorzeitig auf den Weg zu seinen Eltern nach New York gemacht hat, die ihn jedoch noch nicht erwarten. Es ist ja gar nicht schlecht zu lesen, wie er sich mit dieser bescheuerten Prostituierten trifft. Auch wie er mit einer affektierten ehemaligen Schulfreundin den Nachmittag und Abend verbringt, sich dann auch noch mit einem alten Schulkollegen verabredet und bei seinem alten, verlogenen Lehrer Unterschlupf findet und so.

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Berührend ist es, wie liebevoll er immer wird, wenn er mit seiner verehrten neunjährigen Schwester Phoebe zusammentrifft, der er ihr verdammtes Weihnachtsgeld abnimmt und es dann für sie ausgibt.

Wirklich passieren tut aber auch nichts, also spannend ist es wirklich nicht, auch wenn ich wissen wollte, was er am Ende macht:
Geht er jetzt fort von New York oder wagt er es nicht und schleicht sich schließlich doch noch zu seinem Anwalts-Vater und seiner Mutter heim, denen er nicht wirklich emotional verbunden ist, die er aber irgendwie schon respektiert und so.

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Ich weiß nicht, ob ich alles verstanden habe, was der Salinger da als Anspielungen auf das Amerika zu seiner Zeit schreibt und die ganze Symbolik und so. Aber es gibt ja viele verdammte Interpretationen des Romans im Internet zu finden, dass man da sein ganzes Leben damit zubringen könnte, die zu lesen. Sein ganzes restliches Leben, das schwöre ich. Ich frage mich: Was sind das für Leute, die all die viele Zeit aufbringen, um sich ihre verlogenen Gedanken aus dem Hirn zu schreiben?
Als wenn das irgendjemand interessieren würde. Einfach eklig, dieses verdammte zur Schau stellen, der ganze intellektuelle Narzissmus und so. Und dann freue ich mich schon, wenn ich sehe, ich habe das eine oder andere verstanden und so. Ich bin ja ungebildet, aber ich lese viel. Das hilft mir ein wenig, damit das ganze verdammte Leben für eine kurze Zeit nicht mehr so deprimierend ist.

Central Park im Winter
Was mich aber wirklich wahnsinnig macht: Eine der vielen Fragen, die der unreife, arrogante, grenzüberschreitende, lästige, abwertende, verletzende Holden trotz seiner nervigen Fragerei jedenfalls nicht klären kann und wo somit die Antwort im Buch offen bleibt, ist, was die Enten des Sees im Central Park im Winter machen.
In seiner Suche und Verwirrtheit auf dem Weg vom Jugendlichen zum verdammten Erwachsenen und so ist er schlussendlich doch auch irgendwie bemitleidenswert sympathisch, der Holden Caulfield, der gerne der „fänger im roggen“ wäre …

Das Leben ist verdammt schön und so ;-),
Thomas